Schneelieder: „Leise rieselt der Schnee“ (Eduard Ebel) und „Schneeflöckchen, Weißröckchen“

   
's Kindlein, göttlich und arm,
Macht die Herzen so warm,
Strahle, du Stern überm Wald,
Freue dich, s'Christkind kommt bald!

     [Scan aus Wiki Commons; die hier zusätzlich aufgeführte Strophe wird in
     vielen Online-Veröffentlichungen als dritte Strophe ausgewiesen.]

Geht man von den im Deutschen Musikarchiv Leipzig vorhandenen Tonträgern aus, so gehört Leise rieselt der Schnee mit fast 1.000 Schallplatten und CDs nach Stille Nacht, heilige Nacht (über 2.000) und Es ist ein Ros entsprungen (rund 1.100) zu den beliebtesten Weihnachtsliedern. Die Strophen eins bis drei des manchmal auch als Winterlied bezeichneten Liedes dichtete 1895 der Dichter und evangelische Pfarrer Eduard Ebel (1839–1905). Neben zahlreichen „Kaiserliedern“, Bismarck- und Sedangedichten wurde es im gleichen Jahr als „Kinderlied“ unter  dem Titel Weihnachtsgruß in Ebels Gesammelten Gedichten veröffentlicht. Nicht bekannt ist, von wem die später hinzugefügte Strophe „s‘ Kindlein, göttlich und arm […]“ stammt.

Ob Ebel auch die Melodie komponiert hat, ist strittig; Der Liedforscher Theo Mang (Liederquell, 2015, S. 990) versieht seinen Hinweis auf die Komposition durch Ebel mit einem Fragezeichen. Die Urheberschaft Ebels an der Melodie allerdings deswegen zu bezweifeln, dass „Ebels eigene Veröffentlichung nur den Text“ enthält, wie Wikipedia ausführt,  ist problematisch, da auch kein anderer Text in den Gesammelten Werken mit Noten versehen ist. Wahrscheinlich hat Ebel den Text auf eine alte Volksweise – einige Liederbücher verweisen auf Westpreußen –  gedichtet.

Schneeflöckchen, Weißröckchen

Schneeflöckchen, Weißröckchen,
wann kommst du geschneit?
Du wohnst in den Wolken,
dein Weg ist so weit.

Komm setz dich ans Fenster,
du lieblicher Stern
malst Blumen und Blätter,
wir haben dich gern.

Schneeflöckchen, du deckst uns
die Blümelein zu,
dann schlafen sie sicher
in himmlischer Ruh’.

Schneeflöckchen, Weißröckchen,
komm zu uns ins Tal.
Dann bau’n wir den Schneemann
und werfen den Ball.

Während Leise rieselt der Schnee ein Adventslied ist, das auch den Weihnachtsliedern zugerechnet werden darf, ist Schneeflöckchen, Weißröckchen ein reines Winterlied. Verfasser und Komponist sind nicht bekannt. In manchen Liederbüchern findet sich die Angabe „Von deutschen Kolonisten aus Russland überliefert“, in anderen wird der Text auf die Kindergärtnerin und spätere Lehrerin Hedwig Haberkorn (1837–1901) zurückgeführt. In Haberkorns 1869 erschienenen Buch Tante Hedwigs Geschichten für kleine Kinder kommt in der Geschichte von der Schneewolke unter dem Titel Schneeflöckchen vom Himmel eine Urfassung des Liedes vor (vgl. Wikipedia).

Die uns heute bekannte Melodie eines unbekannten Verfassers findet sich erst seit 1940 in den Liederbüchern (Theo und Sunhilt Mang, Der Liederquell, 2015, S. 707). Vorher ist es nach alten Volksweisen oder einigen neueren Kompositionen gesungen worden, die sich allerdings nicht durchsetzen konnten.

Interpretationen

Im Lied Leise rieselt der Schnee wird eine Idylle beschrieben, wie wir sie heutzutage kaum noch kennen. Wenn es denn einmal schneit, ist es häufig ein Schneeregen, und die Seen frieren seit Jahren sehr selten zu. Dass unsere verbliebenen, noch nicht von Umweltschäden betroffenen Wälder weihnachtlich glänzen, mag nur ein hoffnungsloser Romantiker behaupten. In der Zeit um 1900 mag die Idylle noch zugetroffen haben, und so konnte beim ersten Schneefall der gläubige Dichter uns auffordern, uns auf die baldige Ankunft des Christkinds zu freuen. Heute würde sich Pfarrer Ebel wahrscheinlich im Grab umdrehen, könnte er sein Lied in vielen Kaufhäusern als Berieselung zum Kaufanreiz hören.

Sicherlich wird vielen von uns am Heiligen Abend warm ums Herz, wenn wir nach der Hektik der Geschenkeinkäufe und der betrieblichen (Vor-)Weihnachtsfeier langsam zur Ruhe gekommen sind. Und wenn dann noch am Weihnachtsbaum „die Lichtlein brennen“, mag auch mancher die Sorgen vergessen, sofern er oder eine ihm nahestehende Person nicht schwerkrank oder arbeitslos ist.

’s Kindlein, göttlich und arm,
Macht die Herzen so warm,
Strahle, du Stern überm Wald,
Freue dich, s’Christkind kommt bald!

Diese später hinzugekommene Strophe betont noch einmal, dass die Geburt des  Christkinds die Herzen erwärmt (indem mit der Ankunft des Gottessohns die Gläubigen durch Jesus von den Sünden erlöst werden). Der „Stern, der überm Wald strahlen“ soll, erinnert an den Stern, der den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe im Stall von Bethlehem zeigt (vgl. Matthäus 2, 10).

Im Folgenden soll nun auf die dritte, von Ebel letzte vorgesehene Strophe eingegangen werden. Wie in dem letzten Vers jeder Strophe („Freue Dich, Christkind kommt bald“) wird in dieser gesamten Strophe „Bald ist heilige Nacht […]“ noch einmal ganz deutlich, dass es sich nicht um ein Weihnachtslied, sondern um ein Adventslied handelt.

Chor der Engel. Gemälde aus der Benediktinerabtei St. Hildegard, Rüdesheim

Von einem „Chor der Engel“ ist  – soweit mir bekannt –  in der Bibel keine Rede, wohl aber im Anhang „Geistliche Lieder“ der evangelischen Gesangbücher. Pfarrer Ebel dürfte durch die Lieder Herbei o ihr Gläubigen mit der dritten Strophe „Kommt, singet dem Herrn, o singt ihr Engelchöre […]“ und Vom Himmel hoch mit der ersten Strophe „Vom Himmel hoch, o Englein kommt […]  kommt singt und klingt, pfeift und trombt […]“ zu den Versen in seiner dritten Strophe inspiriert worden sein.

In dem Winterlied Schneeflöckchen, Weißröckchen sehnen sich die Kinder nach dem Winter – „wann kommst du geschneit?“ In vielen Liedern wird der Winter besungen, mal wird über ihn geklagt, wie in Lied O, wie ist es kalt geworden – wie „traurig öd und leer“ es im Winter ist, wenn „rauhe Winde von Norden wehn’n“ -, mal ist man froh, dass „der Winter [endlich] vergangen ist“, die ersten „Blümlein prangen“ und der „Maien Schein“ zu sehen ist (Der Winter ist vergangen wird häufig Hoffmann von Fallersleben zugeschrieben).

Im hier besprochenen Lied in „kindertümlicher Sprache“ (Ingeborg Weber-Kellermann, Das Buch der Weihnachtslieder, 1982) wünschen sich die Kinder aber, dass Reif und Schnee „[Eis-] Blumen und -blätter“ ans Fenster malen. Sie haben den Winter gern und sind sich gewiss, der Winter schadet „den Blümelein“ nicht, der Schnee deckt sie – wie die Kleingärtner im Winter ihre Beete gegen Frost und Kälte schützen – nur zu, damit sie „in himmlischer Ruh“ schlafen können (vgl. den Vers in Stille Nacht, heilige Nacht von 1818 des Hilfspriesters Joseph Mohr und Zuccalmaglios Die Blümelein, sie schlafen aus dem Jahr 1840).

In der letzten Strophe wird erneut der Wunsch geäußert, dass es bald schneien möge, damit die Kinder sich einen Schneemann bauen und eine Schneeballschlacht schlagen können.

Weißröckchen ist übrigens ein schlesisches Synonym für Schneeflocke. (vgl. focus.de)

Rezeption

Seit der Erstveröffentlichung 1895 ist Leise rieselt der Schnee bis heute in Schul-,  Kinder- und spezielle Weihnachtsliederbücher aufgenommen worden, zuletzt 2014 in die Lübecker Weihnachtsliederfibel. Was die Anzahl der mir in Online-Archiven und Privatbibliotheken zugänglichen Liederbücher betrifft, steht es in der Rangfolge im Vergleich zu anderen Advents-, Weihnachts- bzw. Winterliedern allerdings weit unten, ebenso wie das Kinderlied Schneeflöckchen, Weißröckchen, das ich im Liederbuch für Volksschulen, 1. Heft, herausgegeben 1915 gefunden habe. Wahrscheinlich sind beide Lieder derartig bekannt, dass sie in viele Liederbücher gar nicht erst aufgenommen wurden. Für diese Annahme spricht: Auch in bedeutenden neueren Liedersammlungen deutscher Volksliedforscher wie Ernst Klusens Deutsche Lieder (zwei Bände, 1981 Auflage 50.–100. Tsd.) und Heinz Röllekes Das große Buch der Volkslieder  (1991, Lizenzausgabe Bertelsmann)  sind beide Lieder nicht vertreten.

Die große Popularität eines Liedes zeigt sich aber darin, wie viele Schallplatten und CDs mit dem Lied erschienen sind (s. o. Einleitung) und welche Künstler das Lied interpretieren. Unter den zahlreichen Interpreten auf Schallplatten und CDs befinden sich sowohl renommierte Sänger wie der Bariton Hermann Prey, die Chansonette Mireille Mathieu, der Schauspieler und Sänger Peter Alexander als auch viele Schlagersänger, z. B.  Tony Marshall, Frank Schöbel, Unheilig, Heintje und – natürlich – Heino. Auch viele Chöre, vor allem Kinderchöre, haben beide  Lieder in ihr Repertoire aufgenommen, z. B. die Wiener Sängerknaben, die  Schaumburger Märchensänger und der Tölzer Knabenchor. Wie populär das „Weihnachtskinderlied“ (Ingeborg Weber-Kellermann) Leise rieselt der Schnee bzw. das Winterlied Schneeflöckchen, Weißröckchen heute noch sind, zeigen auch die annähernd 100 Videos bei Youtube, auf denen neben anderen Weihnachts- bzw. Kinderliedern auch diese beiden Lieder zu finden sind.

Populäre Lieder fordern häufig Parodien heraus. So soll es sogar in der ehemaligen DDR für Leise rieselt der Schnee eine parodistische Fassung gegeben haben, die mir jedoch nicht bekannt ist. Nachstehend wird in Auszügen eine antikapitalistische und zugleich kriegskritische Version des Liedermachers, Kabarettisten und Grafikers Dieter Süverkrüp vorgestellt:

1. Leise schnieselt der Re-
aktionär seinen Tee,
sitzt bei der Lampe noch spät,
blättert im Aktienpaket.

2. Ordnend Scheinchen auf Schein
fällt Erinnerung ihm ein.
„Kriegsweihnacht vierzig war still,
dennoch ein starkes Gefühl!“

[…]

10. Leise schnieselt der Re-
aktionär seinen Tee.
Horcht nur, wie lieblich es knallt!
Fürchtet euch, Kriegskind kommt bald!

[Aus: Süverkrüps Liederjahre 1963–1985 ff , 2002, S. 147. Alle 10 Strophen s. auch  hier .

Auch die deutsche Rockband Torfrock hat an dem Reim der ersten beiden Verse von Leise rieselt der Schnee Gefallen gefunden, satirisch weitergedichtet und mit einigen Zeilen aus bekannten Weihnachtsliedern und -gedichten ergänzt; hier ein Auszug:

Leise pieselt das Reh
Gelbe Spuren in den Schnee
Und die viele kleinen Engels*,
Und die vielen kleinen Engels
tun sich Rum in ihren Tee.

[…]

Lieber guter Weihnachtsmann
Kleb den Bart Dir wieder an
Und nun beschenk mich nich zu knapp
sonst reiß ich ihn Dir nochmal ab.

Lieber guter Weihnachtsmann
schau mich nicht so böse an.
Steck die Rute wieder ein
Sonst gibt das ein mit’m Putenbein

Leise pieselt das Reh! […]

*norddeutsch mundartliche Pluralbildung

Etwa 1980 sangen meine Kinder folgende Strophe, deren Inhalt, wie man sich denken kann, nicht ihrer schulischen und familiären Realität entsprach:

Leise rieselt die Vier
auf das Zeugnispapier.
Horcht nur, wie lieblich es schallt,
wenn mir mein Vater ’n paar knallt!

Für Schneeflöckchen, Weißröckchen habe ich keine Parodie gefunden.

Georg Nagel, Hamburg

Grund zur Freude, mitten im Winter: „Leise rieselt der Schnee“ von Eduard Ebel (1895)

Leise rieselt der Schnee

Leise rieselt der Schnee,
Still und starr liegt der See,
Weihnachtlich glänzet der Wald:
Freue Dich, Christkind kommt bald!

In den Herzen ist’s warm,
Still schweigt Kummer und Harm,
Sorge des Lebens verhallt:
Freue Dich, Christkind kommt bald!

Bald ist heilige Nacht.
Chor der Engel erwacht.
Horch’ nur, wie lieblich es schallt:
Freue Dich, Christkind kommt bald!

Die ,technischen Daten‘ zu diesem beliebten Weihnachtslied lassen sich bei Wikipedia, teilweise auch im Lieder-Archiv nachlesen: Gedichtet wurde es von dem evangelischen Pfarrer bzw. Superintendenten Eduard Ebel (1831-1905), der es 1895 unter dem Titel Wintergruß in einem Lyrik-Band (Gesammelte Gedichte) veröffentlichte. Die Herkunft der Melodie ist wohl nach wie vor unsicher: Gelegentlich wird auch sie Ebel zugeschrieben, dann aber heißt es wieder, Ebel habe eine anonyme Volksweise aufgegriffen; auch Anleihen bei anderen Kompositionen werden in Fachkreisen erwogen und kontrovers diskutiert.

Ebel selber hat um sein Liedchen nicht viel Aufhebens gemacht; er betrachtete es als Kinderlied für die vorweihnachtliche Winterszeit. Inhaltlich ginge es darum, der Vorfreude auf das baldige Kommen des Christkinds Ausdruck zu verleihen. Auch die Volkskundlerin Ingeborg Weber-Kellermann (1918-93) konnte ihm keine besonderen Reize abgewinnen; sie klassifizierte es in ihrem Buch der Weihnachtslieder (Mainz 1982) als ,mehr oder minder banales Potpourrilied‘ (vgl. Wikipedia). Möglicherweise haben Autor und Expertin unterschätzt, was sie da vor Augen und Ohren hatten.

So einfach und kindlich die Worte des Textes gesetzt sind, womit sie – nebenbei bemerkt – den sog. ,echten‘ Volksliedton ziemlich gut treffen, so klar und logisch strukturiert ist sein Aufbau. Die drei ersten Zeilen der ersten Strophe entwerfen ein winterliches Naturbild, das in seiner Reinheit, Stille und Festlichkeit („glänzet“) auf das Kommen des Heilands verweist und in die Aufforderung der vierten Zeile mündet, sich auf dieses nahe Ereignis zu freuen. Die Worte enthalten gehäuft sonorantische Konsonanten wie n, r, l oder Spiranten, die sämtlich den Vokalen nahestehen und angenehm mitklingen. Die zweite Strophe wendet den Blick von der äußeren Naturszenerie auf die innere Seelenlandschaft der Menschen, denen es „warm“ ums Herz ist, weil Kummer, Harm (= Gram) und Sorgen sie nicht mehr bedrängen. Auch dies ist Grund genug, sich aufs Christkind zu freuen. Die dritte Strophe erinnert an die heilsgeschichtliche Bedeutung des Weihnachtsfestes, an die Frohe Botschaft der Engel. Im Unterschied zur Betonung der stillen äußeren und inneren Welt in den ersten Strophen gibt es nun etwas zu hören, konkret: etwas ,Liebliches‘ vom Chor der Engel. Die vorgängige Stille ist natürlich Voraussetzung dafür, dass die Heilsbotschaft von den Menschen überhaupt vernommen wird. Wir memorieren, dass seinerzeit die Engel zu den Hirten auf dem Felde gesprochen haben, also zu den denkbar einfachsten Menschen: So hält es auch unser Kinderlied, das keine großen Worte macht und gerade deshalb unter die Haut geht.

Wie stimmig der Dichter seine Worte auch im Detail gesetzt hat, mag eine kleine Analyse der zweiten Strophe zeigen, die davon spricht, dass die Herzen der Menschen in dieser Zeit erwärmt sind, weil sie die bösen Sorgen verlassen haben. Zunächst verdient hier der Temperatur-Kontrast zur ersten Strophe eine Erörterung. Zur anfangs skizzierten Winterlandschaft der Natur bildet die Herzenswärme der Menschen einen gewissen Kontrast, aber – und das ist wichtig – keinen absoluten Gegensatz (also keine Kontradiktion). Mit Bedacht vermeidet der Verfasser in den ersten vier Zeilen des Gedichts das Adjektiv „kalt“, obwohl es als Reimwort hervorragend passen würde. Es kommt ihm aber gerade auf den Aspekt der Korrespondenz an, nicht auf eine Konstruktion von Gegensätzen. Der Feierlichkeit und Stille der äußeren Welt entspricht die gelassene (!) Ruhe der inneren; die seelischen Unruhestifter (Kummer, Harm, Sorgen) müssen von den Menschen nicht mit Energieaufwand verdrängt werden, weil nun einmal das Weihnachtsfest ansteht, – sie schweigen von selber still, als wüssten sie, dass nun alles gut werden wird. Die vierte Zeile dieser zweiten Strophe ist sicher an die Gesamtheit der Menschen adressiert, aber vielleicht doch auch wieder in besonderer Weise an die Kinder, die von Kummer, Harm und Sorgen vermutlich noch nicht allzu sehr geplagt werden. Aber diese Kinder haben ein feines Gespür für den Seelenzustand der ihnen nahen Erwachsenen, und dass aus deren Herzen die Sorgen gewichen sind, ist Grund genug zur (kindlichen) Freude auf den nahen Erlöser, der deshalb auch Heiland genannt wird, weil er die Welt heil macht.

Selbstverständlich ist es heute schwierig geworden, die im Lied geschilderten Szenarien in der Alltagswelt wiederzufinden. Im Zuge der Klimaerwärmung haben wir uns schon in weiten Teilen unseres Landes daran gewöhnt, permanent ,grüne Weihnachten‘ zu erleben. Andernorts „rieselt“ der Schnee nicht vom Himmel, sondern staubt aus Schneekanonen, um sich flugs in Pisten zu verwandeln. Auch unsere Seen liegen nur noch selten „still und starr“, schon gar nicht in der Nähe von Städten. Entweder frieren sie überhaupt nicht mehr zu oder sie sind von Schlittschuhläufern, Eisstock-Schützen und Hockey-Spielern bevölkert. Entsprechend störrisch sind unsere griesgrämigen Seelenbewohner, die nicht mehr zu wissen scheinen, dass ihnen für Dezember vom höchsten Hausherrn gekündigt ist und sie sich mit ihrem Gerümpel schleichen sollen. Sie pochen statt dessen auf ihren Mieterschutz und denken nicht daran auszuziehen. Und den Ruf der Engel an die Hirten vernehmen wir in der Regel allenfalls einmal ganz kurz am vierten Adventssonntag beim Krippenspiel. Beim Geschenke-Auspacken am 24. hat er keine Chance mehr, weil dann alle ,schreien vor Glück‘.

Leise rieselt der Schnee ist schon ein Lied für Kinder, kleine und große, mehr denn je.

P.S. Mir war Leise rieselt der Schnee in meiner Kindheit unter den Weihnachtsliedern immer besonders lieb, weil es sich dank weitgehend fehlender Vorzeichen (nur ein Kreuz hinter dem Notenschlüssel!) so leicht auf der Blockflöte spielen ließ.

Hans-Peter Ecker, Bamberg