Das beliebteste deutsche Jagdlied: „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“ von Gottfried Benjamin Hancke
7. September 2015 4 Kommentare
Gottfried Benjamin Hancke Auf, auf zum fröhlichen Jagen 1. Auf, auf zum fröhlichen Jagen, Auf in die grüne Heid, Es fängt schon an zu tagen, Es ist die schöne Zeit. Die Vögel in den Wäldern Sind schon vom Schlaf erwacht Und haben auf den Feldern Das Morgenlied vollbracht. Tridihejo, dihejo, dihedihedio Tridio,hejo,dihejo,tridio,tridio. 2. Frühmorgens, als der Jäger In grünen Wald 'neinkam, Da sah er mit Vergnügen Das schöne Wildbret an. Die Gamslein Paar um Paare, Sie kommen von weit her, Die Rehe und das Hirschlein, Das schöne Wildbret schwer. 3. Wir rüsten uns zum Streite und jagen Paar an Paar Die Hoffnung reicher Beute versüßet die Gefahr. Wir weichen nicht zurücke ob gleich ein wilder Bär und noch ein großes Stücke nicht ferner von uns wär. 4. Will gleich ein wilder Hauer mit seinen Waffen dräun Fängt man an ohne Schauer Hussa! Hussa! zu schrein Damit das Ungeheuer wenn es die Kugel brennt schon nach empfangnem Feuer in sein Verderben rennt. 5. Das edle Jägerleben Vergnüget meine Brust Dem Wilde nachzustreifen Ist meine höchste Lust. Wo Reh und Hirsche springen Wo Rohr und Büchse knallt Wo Jägerhörner klingen, Da ist mein Aufenthalt. 6.Frischauf,zum fröhlichen Hetzen fort in das grüne Feld! Wo man mit Garn und Netzen das Wild gefangen hält. Auf, ladet eure Röhren mit Pulver und mit Blei und macht der Jagd zu Ehren ein fröhlich Jagdgeschrei. 7. Sind unsre matten Glieder vom Sonnenglanz erhitzt So legen wir uns nieder wo frisches Wasser spritzt wo Zephyrs* sanftes Blasen der Sonne Glanz besiegt da schläft man auf dem Rasen mit Anmut eingewiegt. 8. Das Gras ist unser Bette der Wald ist unser Haus Wir trinken um die Wette das klare Wasser aus. Laßt drum die Faulen liegen, gönnt ihnen ihre Ruh: Wir jagen mit Vergnügen dem schönen Walde zu. 9. Ein weibliches Gemüte hüllt sich in Federn ein Ein tapferes Jagdgeblüte muß nicht so träge sein. Drum laßt die Faulen liegen, gönnt ihnen ihre Ruh: Wir jagen mit Vergnügen dem dicken Walde zu. 10. Frisch auf, ihr lieben Brüder ergreifet das Geschoß! Auf, legt die Winde nieder und geht aufs Wildbret los! Erfrischt die matten Hunde durch frohen Zuruf an und ruft aus vollem Munde so viel ein jeder kann! 11. Will gleich zu manchen Zeiten Blitz, Wetter, Sturm und Wind einander widerstreiten die uns zuwider sind. So sind wir ohne Schrecken bei allem Ungemach und jagen durch die Hecken den schnellen Hirschen nach. *Eine Windgottheit der Antike, die den milden Westwind verkörpert
Entstehung
Der Text stammt vom deutschen Barocklyriker Gottfried Benjamin Hancke (etwa 1695 bis 1750). Hancke war Hofdichter des böhmischen Grafen Franz Anton von Sporck (1662 bis 1738), der ein großer Anhänger der in Frankreich praktizierten Jagd war und von einer seiner Reisen vermutlich Melodie und Text des französischen Jagdlieds Pour aller a la chasse faut être matinaux (Wenn man gehen will auf Jagd, so muss man früh aufstehn) mitbrachte, das Hancke als Grundlage seiner Verse genommen hat. Die Melodie wurde auch von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750) in seiner Bauernkantate (1742) verarbeitet. Die französische Melodie war auch in Kärnten bekannt, denn viele Liederbücher vermerken: „Volkslied aus Kärnten“ oder „in Kärnten von Karl Liebleitner aufgezeichnet“. Der österreichische Volksliedforscher und Chorleiter, Karl Liebleitner (1858 bis 1942), nahm die Kürzungen der Liederbücher des 19. Jahrhunderts auf (s. unten) und fügte den Refrain hinzu. Seine gekürzte Version wurde zuerst 1903 in 30 echte Kärtnerlieder veröffentlicht.
Die kunstgeschichtlich als Barock bezeichnete Zeit, in der dieser Text entstand, war dadurch gekennzeichnet, dass in Europa seit dem Frieden von Osnabrück und Münster (1648) Jahrzehnte lang keine Kriege geführt worden waren. Könige und Fürsten waren auf Kosten der Untertanen immens reich geworden. Der Reichtum und die zunehmende Unabhängigkeit der Fürsten von der Zentralgewalt der Könige zeigten sich in den Bauten prächtiger Schlösser und Kirchen im Stil des Barock. Klerus und Fürstentum demonstrierten ihre Macht und versuchten sich in der Prachtentfaltung zu übertreffen. Und das nicht nur in Bauten, Parks und Gärten, sondern auch in der Ausstattung der Gebäude mit Skulpturen und Gemälden, Teppichen, Chinoiserien u. ä. Rauschende Feste wurden gefeiert; man ergötzte sich an Schauspielen, vorwiegend an Komödien und goutierte Konzerte (häufig Auftragswerke). Außerdem wurden Einladungen ausgesprochen, bei denen man sich an Prunk in Kleidung und Dekorationen, mit erlesenen Speisen und Getränken bei ausgewählter Tafelmusik und mit Geschenken gegenseitig zu übertreffen versuchte.
In dieser Zeit des Müßiggangs und der Lebenslust suchten der betuchte Adel und der gehobene Klerus nach weiteren Vergnügungen und fanden sie in der Jagd (evtl. auch als eine Art der Ersatzbeschäftigung für den Krieg); Jagdlieder schienen dazu zu gehören. So entstand eine Vielzahl von Jagd- und Jägerliedern, häufig im Auftrag eines Aristokraten, wie das zum Volkslied gewordene Auf, auf zum fröhlichen Jagen oder auch Es blies ein Jäger wohl in sein Horn, Es wollt ein Jäger jagen u. v. a.
Interpretation
Das Lied hat inhaltlich mehrere Teile. In den ersten beiden Strophen wird eine morgendliche Idylle beschrieben; die Vögel singen „tridihejo dihejo, dihedihehedio“, lautmalerische Wörter, die als Refrain auch in Strophe 5 als Klang des Jagdhorns aufgegriffen und in der 6. Strophe wiederholt werden. Und es ist frühmorgens, als der Jäger sich im Wald „mit Vergnügen das schöne Wildbret, die Gamslein, die Rehe und das Hirschlein“, seine potentielle Beute ansieht.
Im dritten und vierten Vers geht es auf Großwild. Vorsichtshalber jagt man zu zweit und macht sich gegenseitig Mut – „wir weichen nicht zurücke“, wenn sich ein „wilder Bär“ nähert – und man ist „ohne Schauer“, selbst wenn „ein wilder Hauer“ (ein Eber) mit seinen riesigen Schneidezähnen gefährlich werden kann. Wie in der zweiten Strophe ist auch in der fünften vom Vergnügen die Rede; das Jägerleben wird idealisiert („edel“), und der Jäger empfindet es als „höchste Lust“ zu jagen und die „Jägerhörner“ zu hören.
Ging es bisher um eine Bewegungs- oder Hetzjagd, in der einzeln oder paarweise (s. 3. Strophe) die Tiere aus ihrem Einstand (jägersprachlich für Ruhe- oder Schutzstelle) getrieben (gedrückt, daher auch Druckjagd genannt) und gestellt wurden, so wird in der 6. Strophe eine höfische Jagdmethode beschrieben. Mit Hilfe von Treibern und Absperrungen, häufig durch Leinen, an denen Tuchlappen oder Federn befestigt waren (falls ein Tier seine Angst vor den im Wind flatternden Lappen überwand, war es „durch die Lappen gegangen“), hier „mit Garn und Netzen“, wurde das Wild in die Richtung getrieben, in der die hohen Herren bereits auf der Lauer lagen (oder auch geschützt hinter Wällen oder in gar gemütlich in Jagdhütten saßen) und dann die flüchtenden Tiere en masse abknallten.
Hatte bereits diese Jagdart wenig mit edlem Waidwerk zu tun, so kann die Gatter- oder Gehegejagd schlicht als Gemetzel bezeichnet werden. Hier wurden die Tiere nach dem Treiben in großräumig umzäunten Arealen gefangen gehalten. Die „Jäger“ saßen häufig erhöht und schossen von oben in die Masse der verschiedenen Tiere. Manchmal wurden noch Hunde hineingeschickt, die die Unruhe des Wildes vergrößerten und dabei häufig verletzt wurden oder zu Tode kamen (vom Jagdhund als treuem Gefährten des Jägers konnte bei einer Barockjagd nicht gesprochen werden). Häufig griffen mitgefangene Bären das Rotwild an, Keiler verletzten andere Tiere, und in der ausbrechenden Panik wurden manche Tiere totgetrampelt. „Je effektvoller die Tiere starben, desto größer war der Unterhaltungswert der fürstlichen Entourage. […] Bei manchen dieser Jagden starben an einem Tag über 200 Hirsche und an die 400 Wildschweine“ (ARTE, Jagdkumpane, Sendung vom 12.11.2013, 19.30). Unsere heutige Bewunderung des edlen Hirschen oder des grazilen Rehs kannte man nicht, und auch der Jagdhund war reines Nutztier. Eine Variante der Gehegejagd, in dem die Tiere in einen künstlich angelegten See getrieben wurden, zeigt die folgende Zeichnung:
Erstaunt erfährt man in der 7. und 8. Strophe, dass die „Jagd“ so anstrengend war und man sich erst einmal ausruhen („matte Glieder“, „das Gras ist unser Bette“) und mit Wasser erfrischen musste. Nachdem die Jäger zugegeben haben, dass auch sie nach all den „Anstrengungen“ der Ruhe bedürfen, streben sie, sich abgrenzend von den „Faulen“, weiter „mit Vergnügen dem dicken (wahrscheinlich: dichten) Walde zu“ (9. Vers). Dass hier das „weibliche Gemüte“ als „träge“ genannt wird, würde man heute als frauenfeindlich bezeichnen. In der 10. und 11. Strophe wird eine weitere Jagdmethode beschrieben. Diesmal ist es eine Hetzjagd (auch Parforcejagd genannt). Die Hunde, (etwas ermattet) werden erfrischt, und dann geht es über Stock und Stein (hier „durch die Hecken“) auf Pferden „den schnellen Hirschen nach“:
So gibt das Lied anschaulich wieder, was im 18. Jahrhundert den hohen Herren die Jagd bedeutet hat und welche Arten der Jagd gepflegt wurden. Das Jagen war den hohen Herren vorbehalten; andere wurden schwer bestraft, selbst wenn es nur ein Hase war oder es sich um den Fund eines von einem Bären getöteten Rehes handelte.
Anmerkung: „1,15 Millionen Rehe haben Jäger in der Saison 2013/14 geschossen, dazu 75.000 Rothirsche, und 64.000 Damhirsche. […] Oberstes Ziel der bürgerlichen Jäger ist seit dem 19. Jahrhundert die Trophäe, das Geweih der Hirschen, Gemsen, Rehe für die Hauswand, die Zähne von Keilern für die Uhrkette.“ (Ulrike Fokken, Der Waldstratege, Die Tageszeitung, 3. Aug. 2015, S. 5.)
Rezeption
Betrachtet man die Anzahl der Liederbücher, in denen das Lied vorhanden ist, so ist Auf, auf zum fröhlichen Jagen bereits im 18. Jahrhundert recht beliebt gewesen. Liederbücher wie Die Volkslieder der Deutschen (1836), Deutsche Volkslieder (1840, herausgegeben vom A. W. von Zuccalmaglio [1803 bis 1869], das über studentische Kreise hinaus weit verbreitete Schauenburgs allgemeines Deutsches Commersbuch (1888) bis Loreley – Liedersammlung für gemütliche Kreise (1897), um nur einige zu nennen, hatten das Jagdlied (allerdings verkürzt auf 3 oder 5 Strophen) in ihr Repertoire aufgenommen.
Von 1914 bis 2014 erschienen rund 420 Liederbücher mit dem Jagdlied (Anzahl ermittelt aus dem Lieder- und Liederbuch-Archiv von Hubertus Schendel, www.deutscheslied.com, dem Deutschen Musikarchiv, Leipzig, www.dnb.de und dem Liederarchiv von Michael Zachcial www.volksliederarchiv.de). Die Mehrheit der Liederbücher weist nur die Verse 1, 2 und 6 auf. In der Zeit bis 1933 war das Lied nicht nur in der Jugendbewegung außerordentlich populär. Es wurde in Schulen, von Turnern und Wanderern, in politischen Kreisen und christlichen Jugendgruppen gesungen. Statistisch gesehen ist in dieser Zeit durchschnittlich jedes Jahr ein Liederbuch mit dem Jagdlied – ebenfalls in gekürzter Fassung – erschienen.
In den zur Zeit des nationalsozialistischen Regimes mehr als 50, überwiegend von NS-Verlagen, herausgegebenen Liederbüchern wurde als Herkunft der Melodie nicht „französisches Jagdlied aus dem 17. Jahrhundert“ angegeben, sondern „aus Kärnten“ oder „aufgezeichnet in Kärnten“. Auch hier wurde bis auf wenige Ausnahmen das Lied auf drei Strophen verkürzt. Geht man von den Liederbüchern aus, so wurde Auf, auf zum fröhlichen Jagen von der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädel, in Schulen, von der SS und ab 1939 auch von Soldaten gesungen.
Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen einige Liederbücher, herausgegeben von christlichen Verlagen, der Naturfreundejugend oder den Falken, das Jagdlied auf. Auf, auf zum fröhlichen Jagen ist von 1947 bis 2015 in rund 150 Liederbüchern enthalten (etwa die Hälfte davon erschien 1951 bis 1970). Dazu gehören die auflagenstarken, in Form des Taschenbuchs erschienenen Editionen wie ab 1953 Die Mundorgel (im gleichnamigen Verlag, mit einer Textauflage von über 10 Millionen und einer Text- und Notenausgabe von rund 4 Millionen), Der Deutsche Liederschatz (1975) und Die schönsten deutschen Volkslieder (1977, beide Heyne Verlag) sowie 1990 Deutsche Volkslieder (Reclam Verlag) und 1995 Das Volksliederbuch (Weltbild Verlag). Auf Grund der weiten Verbreitung ist davon auszugehen, dass es in allen Bevölkerungskreisen gesungen wurde, speziell von Wanderern und Bergsteigern, von Pfadfindern und anderen Nachfolge-Bündischen, in christlichen Kreisen, bei der Bundeswehr und auf Klassenausflügen.
Mit der o. a. Verbreitung steht das Jagdlied an vierter Stelle der nach 1945 in Lieder- und Schulbüchern veröffentlichten Lieder (nach Kein schöner Land in dieser Zeit, Der Mond ist aufgegangen und Abend wird es wieder). Auch auf Tonträgern wurde das Jagdlied weit verbreitet. Nachdem Heino 1966 mit der LP Heino und die Wiener Sängerknaben 1970 große Erfolge mit ihren LPs hatten, auf denen auch Auf, auf zum fröhlichen Jagen zu hören war, setzte ab 1971 geradezu eine Welle von Veröffentlichungen mit dem Lied ein. Von bekannten Männerchören wie den Fischer Chören, vom Montanara-, Botho Lucas- und Harry Pleva-Chor sowie von zahlreichen berühmten wie auch unbekannten Kinderchören, z .B. von den Regensburger Domspatzen oder dem Bielefelder Kinderchor, wurden Langspielplatten mit dem Jagdlied herausgebracht. So verwundert es nicht, dass das Lied 1975 nach einer repräsentativen Umfrage, durchgeführt vom Institut für musikalische Volkskunde Neuss (heute Institut für europäische Musikethnologie), an 2. Stelle von 20 der bekanntesten Volkslieder in Deutschland stand (vgl. Ernst Klusen: Zur Situation des Singens in der Bundesrepublik Deutschland. II. Band. Die Lieder. Köln 1975).
Seit 1979 erschienen von namhaften Tenören wie Hermann Prey (7 LPs) Rudolf Schock (4 LPs) und Peter Schreier (2 LPs) Schallplattenaufnahmen, denen in späteren Jahren Kassetten und CDs folgten. Die zusätzlich von Hörzu, Das Beste und Bertelsmann weitverbreiteten Tonträger trugen zur weiteren Popularität des Liedes bei. Und nach sieben Platten bzw. CDs von Heino mit dem Jagdlied kam dann noch 2014 das Remake Heino als CD hinzu. Insgesamt weist das Deutsche Musik Archiv, dem von den deutschen Musikverlagen je ein Exemplar eines Tonträgers zugeführt werden muss, von 1971 bis 2014 rd. 340 Tonträger aus, davon rund 200 LPs, Kassetten und CDs und rd. 120 Partituren.
Varianten
Wie populär ein Lied ist, kann sich auch in Umdichtungen oder Parodien zeigen. Von den zahlreichen Varianten auf die Melodie Auf, auf zum fröhlichen Jagen sollen hier nur drei kurz vorgestellt werden (zu den vollständigen Texten s. volksliederarchiv.de).
Als Aufruf an junge Männer, sich freiwillig zu den „Jägern“ (sie waren häufig Scharfschützen und kämpften in kleinen Gruppen außerhalb der Linie oder in selbständigen Reitereinheiten, die stoßtruppartig gegen den Feind vorgingen, s. Abb.) im Kampf gegen die französische Fremdherrschaft zu melden, verfasste 1813 Friedrich de la Motte Fouqué (1777 bis 1817), ein Dichter der Romantik, ein fünfstrophiges Mobilisierungslied. Darin wird mit den Worten „Frisch auf“ „zum fröhlichen Jagen“ des Feindes aufgerufen: „ins Feld, ins Feld gezogen“, wo „die Kanonen blitzen“ und man „lustig in den Feind dringt“. Mit „frohem Gottvertrauen geht es um das „Heil“ des „deutschen Landes“; man wird siegen, zumal „Gott [den Kämpfern] wohl gewogen“ ist. Immerhin wird nicht verschwiegen, dass nicht alle Soldaten „mit Jubelliedern“ siegreich zurückkehren werden. Doch die Toten heißt es zynisch, werden das „verschmerzen“, denn „ihrer ist das Himmelreich“ (vgl. das Mobilisierungslied von A. Methfessel aus dem Jahr 1813).
Ebenfalls 1813 dichtete Max von Schenkendorf, (1784 bis 1817), einer der bedeutendsten Lyriker der Befreiungskriege, der selbst als Leutnant und Rittmeister an den Befreiungskriegen teilgenommen hat, das Soldaten-Morgenlied nach der Melodie von Auf, auf zum fröhlichen Jagen, das wie folgt beginnt und mit der 4. Strophe endet:
1. Erhebt euch von der Erde
Ihr Schläfer aus der Ruh‘.
Schon wiehern uns die Pferde
Den guten Morgen zu.
Die lieben Waffen glänzen
So hell im Morgenrot,
Man träumt von Siegeskränzen
Man denkt auch an den Tod.2. Dann Klang von allen Türmen
Und Klang aus jeder Brust
Und Ruhe nach den Stürmen
Und Lieb‘ und Lebenslust!
Es schallt auf allen Wegen
Dann frohes Siegsgeschrei
Und wir, ihr wackern Degen
Wir waren auch dabei!
Rund 20 Jahre später wurde eine andere Variante auf Flugblättern verbreitet: ein Lied, nicht weniger martialisch, mit dem Titel Fürstenjagd. Im Vormärz, der Zeit vor der gescheiterten deutschen Revolution 1848/49, schuf der politische Schriftsteller Johann Rudolf Kölner (1800 bis 1877), genannt Kölner der Saure, diesen sechs Strophen umfassenden Text, der bereits 1840 in der 4. Auflage im Handwerker-Liederbuch Deutsche Volksstimme erschien. Die erste Strophe lautet:
1. Hallo! Zum wilden Jagen,
auf jedes Kronentier*
seht, es beginnt zu tagen
im ganzen Jagdrevier.
Herab, du treue Büchse
von stiller Hüttenwand!
Zum Schuss auf Fürstenfüchse
im grossen Vaterland!
Hei-ho, tridihei-ho,
Tridihei-tridihei-tridihei-tridiho.* gemeint sind die Fürsten, die ja eine Krone tragen durften
Das Lied, besonders die sechste und letzte Strophe, in der die Farben Schwarz-Rot-Gold für die Forderungen nach nationaler Einheit, Freiheit und Volkssouveränität stehen, wurde angeblich auf dem Hambacher Fest 1832 von den national gesinnten Burschenschaftlern mit besonderer Inbrunst gesungen:
6. Das Schwarz der Knechtschaft schwindet
in Kampfes blutigem Rot,
der Freiheit Gold verkündet
das Ende aller Not.
Zielt gut, haut scharf, ihr Treuen!
Du Büchse und du Schwert.
Das wird die Nachwelt freuen
am freien eigenen Herd.
Georg Nagel, Hamburg
Ergänzung zur Anmerkung im Artikel: Jagdergebnis 2013/14
Es ist nachzutragen, dass ohne Jagden die Wälder unter dem Verbissdes Wldes stark zu leiden hätten. Daher tragen Jäger zur Pflege und Hege der Wälder bei.
Dass trotz des Verbots der Gatterjagd Jagdbesitzer und Pächter nach wie vor die Gatterjagd betreiben, geht aus einem Artikel der Tageszeitung hervor:
REINBEK taz | Im Sachsenwald, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Schleswig-Holsteins, betreibt die Familie von Bismarck ein Jagdgatter – dem Verbot zum Trotz. Spätestens seit vergangenem Jahr dürfen Grundbesitzer im Land keine Wildtiere mehr einzäunen und füttern, um sie dann dort einfacher abschießen zu können als in freier Wildbahn.
Ausnahmen sieht das Jagdgesetz nicht vor. Trotzdem geht Familienoberhaupt Gregor Graf von Bismarck davon aus, sein Wildgatter „rechtmäßig und erlaubt“ zu betreiben. „Wir haben uns entschlossen, die Frage, ob wir verpflichtet sind, das Gatter zu schließen, gerichtlich klären zu lassen“, sagte von Bismarck der Deutschen Presseagentur.
Auszug taz, 5.11.2015
Andrea Scharpen, Adelsfamilie hält sich nicht an das Gesetz
So will es das Gesetz
Das schleswig-holsteinische Landesjagdgesetz verbietet schon seit dem Jahr 1999, Areale zum Zwecke der Jagd oder Hege einzuzäunen.
Die Besitzer schon vorhandener und genehmigter Jagdgatter bekamen 15 Jahre lang, bis zum 28. Oktober 2014, Zeit, den Zaun um ihr Jagdgebiet abzureißen.
Der Gesetzgeber ging bereits in den 90er-Jahren davon aus, dass Wildhaltung in einem Gatter, in dem mehr Tiere als in freier Wildbahn zusammen leben und gefüttert werden, nicht artgerecht ist.
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Die oben wiedergegebene Form des Textes mag eine in Liederbüchern gebräuchliche sein, entspricht aber nicht dem [Erst-?]Druck von 1727. Der ist hier zu finden:
http://diglib.hab.de/drucke/lo-2574-1/start.htm?image=00170.
Neben anderen größeren und kleineren Unterschieden ist vor allem die Reihenfolge der Strophen eine ganz andere, wovon auch die Interpretation und insbesondere die festgestellte Abfolge der verschiedenen Jagd-Arten betroffen ist.
Eine weitere Unklarheit gibt es bezüglich der Melodie. In deutschen Liederbüchern finden sich mindestens zwei Melodieen: eine im Sechsachteltakt mit einem aus Schritten gebildeten Wellenmotiv (5-8–8-|8-7-8-2-1-2-|3–3-2-1-2-|1) und eine ganz andere im Viervierteltakt mit hornartigen Sprüngen (5-|8-5-8-33|8—5-13|2-5-5-67|8).
Es ist nicht klar, auf welche der beiden sich der obige Text bezieht, weil leider keine Noten beigefügt sind. Im eingebundenen Männerchor/Jagdhornbläser-Video wird die Hornsprung-Melodie gesungen; die Melodie der erwähnten Bach-Kantate (https://imslp.eu/files/imglnks/euimg/5/54/IMSLP542258-PMLP126905-bachNBAI,39merhahnenneueoberkeetBWV212.pdf; Seite 25 der Datei bzw 175 der Druckausgabe) hingegen ist mit der Wellenschritt-Melodie verwandt.
Welche dieser beiden Melodieen auf eine französische Vorlage zurückgeht, entzieht sich meiner Kenntnis. Zum angeführten Liedanfang „Pour aller à la chasse, faut être matinal [bzw matinaux]“ jedoch findet sich nur eine dritte Melodie (https://didomena.ehess.fr/concern/data_sets/h989r4765 – Sechsachteltakt, Hornsprung-Motivik: 5-|5–8-1–3-|3–2-1–2-|3–5-5-4-3-|2-5-5-5–), die mit den beiden in Deutschland bekannten Melodieen gar nichts zu tun hat.
Welche der Melodieen „auch in Kärnten bekannt“ war, weiß ich nicht; ich fürchte, es lässt sich auch kaum verifizieren, weil viele Quellen offensichtlich voneinander abgeschrieben haben, ohne jemals selber etwas nachzugucken oder Noten lesen zu können, so dass der Vermerk „aus Frankreich“ oder „in Kärnten bekannt“ inzwischen bei beiden „deutschen“ Melodieen verbreitet ist – auch bei der, auf die er nicht zutrifft.